Jonathan Gebauer

  • Rechtsanwalt
  • zert. Mediator

Mit Urteil vom 7.12.2016 hat der Bundesfinanzhof entschieden, dass auch nicht geltend gemachte Pflichtteilsansprüche des Erblassers bei der Besteuerungsgrundlage für dessen Erben berücksichtigt werden müssen.

Erben sind für die ererbten Nachlasswerte grundsätzlich steuerpflichtig. Dies gilt zunächst für klassische Werte wie Immobilien oder Bankguthaben. Umfasst sind jedoch auch geldwerte Ansprüche, die vom Erblasser zu Lebzeiten (noch) nicht geltend gemacht wurden.

Im Gegensatz hierzu sind eigene Pflichtteilsansprüche eines nahen Angehörigen oder Ehegatten gemäß § 3 Abs. 1 Nr.1 3. Alt. ErbStG erst dann zu versteuern, wenn diese tatsächlich geltend gemacht werden. Wird ein eigener Pflichtteilsanspruch nicht geltend gemacht, muss dieser (zu Lebzeiten) auch nie versteuert werden.

Dies ändert sich jedoch dann, wenn ein solcher, noch nicht geltend gemachter Pflichtteilsanspruch weitervererbt wird. In dem vom Bundesfinanzhof (Urteil vom 7.12.2016, II R 21/14) entschiedenen Fall hatte ein Sohn seinen Vater beerbt. Kurz zuvor hatte der Vater aus einem anderen Erbfall einen Pflichtteilsanspruch erworben, jedoch noch nicht geltend gemacht.

Da es sich für den Vater um einen eigenen, noch nicht geltend gemachten Pflichtteilsanspruch handelte, musste er diesen nicht versteuern. Als der Sohn jedoch seinen Vater beerbte, erwarb er auch den Pflichtteilsanspruch des Vaters. Da er diesen „fremden Pflichtteilsanspruch“ als Nachlasswert ererbt hatte, entschied der Bundesfinanzhof, dass der Anspruch – auch wenn er noch gar nicht geltend gemacht worden ist – bei der Besteuerungsgrundlage zu berücksichtigen ist.

Diese Entscheidung hat für jene Erbfälle besondere Relevanz, in denen kurz zuvor der Ehegatte, ein Kind oder ein Elternteil des Erblassers verstorben ist, da in diesen Fällen ein (möglicherweise bisher unerkannter aber steuerlich relevanter) Pflichtteilsanspruch bestehen kann.

Wenn innerhalb der letzten Jahre ein Kind, Elternteil oder Ehegatte des Erblassers verstorben ist, sollten Sie als Erben schon wegen Ihrer Steuererklärung die Existenz von ererbten Pflichtteilansprüchen anwaltlich überprüfen lassen.