Corona zwingt Eltern zu mehr Kooperation, denn nun werden auch Angelegenheiten, die sonst unter „Alltagsentscheidung“ fallen, zu Angelegenheiten von erheblicher Bedeutung.
Hintergrund der Entscheidung des OLG Braunschweig vom 30.07.2020 war eine Mallorcareise der Kindesmutter, die diese vom 1.-15.8.2020 mit den Kindern unternehmen wollte. Problematisch dabei war zum einen, dass in diesen Zeitraum ein Umgangskontakt mit dem Vater fiel und zum anderen, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung zwar Mallorca noch kein Krisengebiet war, aber bezüglich Flugreisen nach wie vor Unsicherheiten zur eindeutigen Identifizierung der Infektionswege des Virus bestanden und gegebenenfalls eine erhöhte Ansteckungsgefahr bei Flureisen vermutet wurde. Die Bundesregierung hatte außerdem weitere Rückholungen von Urlaubern ausgeschlossen.
Die Kindesmutter stellte sich auf den Standpunkt, Urlaubsreisen fielen in die Alltagszuständigkeit und weil die Kinder bei ihr lebten, sei diese bei ihr und sie würde fahren. Die Kinder hätten ohnehin keine Lust, zum Vater zu gehen…
Beide Eltern stellten Anträge, in dieser Angelegenheit allein entscheiden zu können. Beide Anträge wurden in 1. Instanz abgelehnt.
In zweiter Instanz gewann der Vater; und dies auch noch rechtzeitig vor Reisebeginn: Tatsächlich – so das Gericht – sei eine derzeitige Auslandsreise eine Angelegenheit von besonderer Bedeutung, die die gemeinsam sorgeberechtigten Eltern gemeinsam entscheiden müssten. Können sie sich nicht einigen, beschließt das Gericht, wer allein entscheiden darf. Die Kindesmutter falle aus, weil sie das Umgangsrecht des Vaters missachte und damit nicht kindeswohldienlich entscheide. Im Ergebnis durfte die Mutter mit den Kindern also nicht nach Mallorca fliegen.
Corona führt in vielen Bereichen zu Änderungen, auch in der gemeinsamen Sorge. Ansonsten können “kleine Entscheidungen“ erhebliche Bedeutung bekommen, die Einstimmigkeit erfordern. Im Zweifel sollte die (nachweisbare) Zustimmung des anderen Elternteils eingeholt werden.