Grundsätzlich hat jeder Arbeitnehmer bei Beendigung seines Arbeitsverhältnisses einen Anspruch auf ein schriftliches Zeugnis. Ein entsprechender Anspruch ist in § 109 Abs. 1 der Gewerbeordnung festgelegt. Dort heißt es weiter, dass das Zeugnis klar und verständlich formuliert sein muss sowie keine Merkmale oder Formulierungen enthalten darf, die den Zweck haben, eine andere, als aus der äußeren Form oder aus dem Wortlaut ersichtliche, Aussage über den Arbeitnehmer zu treffen (Grundsatz der Zeugnisklarheit).
Gleichwohl gibt es in der Praxis eine ganze Reihe von Formulierungen, die zwar vordergründig positiv klingen, dem einstellenden zukünftigen Arbeitgeber aber signalisieren sollen, dass hinsichtlich des betreffenden Bewerbers Vorsicht geboten ist.
Von daher sollte jeder, der von seinem Arbeitgeber ein Zeugnis erhält, genau lesen und sich in Zweifelsfällen anwaltlich beraten lassen, ob die Formulierung möglicherweise unzulässig ist und notfalls über das Arbeitsgericht eine Korrektur erreicht werden sollte.
Aktuell hatte sich auch das Bundesarbeitsgericht wieder einmal mit einer Formulierung in einem Zeugnis zu befassen. Das Zeugnis enthielt folgenden Passus: „Wir haben den Kläger als sehr interessierten und hoch motivierten Mitarbeiter kennengelernt.“
Der Arbeitnehmer hatte vor Gericht die Auffassung vertreten, eine solche Formulierung werde von potentiellen Arbeitgebern überwiegend dahingehend verstanden, dass das Gegenteil der Aussage gemeint sei.
Soweit wollten aber weder die Vorinstanzen noch der Bundesgerichtshof gehen, der in seinem Urteil vom 15. 11.2011 (AZ 9 AZR 386/10) entschied, dass die Formulierung des „Kennenlernens“ nicht den Eindruck erwecke, der zeugnisausstellende Arbeitgeber attestiere in Wahrheit Desinteresse und fehlende Motivation.