Bekanntlich können Testamente auf unterschiedliche Weise errichtet werden. Die beiden wichtigsten Formen sind das handschriftliche Testament und das vor dem Notar errichtete Testament. Wer ein handschriftliches Testament errichtet, spart sich zunächst die Notargebühren. Abgesehen davon, dass ein ohne juristische Beratung errichtetes Testament später einmal nach Eintritt des Erbfalles zu großen und gerade nicht gewollten Problemen führen kann, sollte in jedem Fall bedacht werden, wie ein solches handschriftliches Testament nach dem eigenen Tod dem Nachlassgericht bekannt gemacht werden muss, um überhaupt Wirksamkeit erlangen zu können. Dies ist ein entscheidender Nachteil handschriftlicher Testamente, die nicht in amtliche Verwahrung gegeben wurden: Es braucht nach dem eigenen Tod zuverlässige Menschen, die das Testament auffinden und auch beim Nachlassgericht abgeben. Dabei gilt der Grundsatz, dass jemand seine Erbenstellung in der Regel nur durch Vorlage des handschriftlichen Originaltestamentes nachweisen kann.
In diesem Zusammenhang hat nun das Oberlandesgericht Naumburg in einem Beschluss vom 25.03.2012 (Az. 2 Wx 60/11) aktuell zwei wichtige Dinge herausgearbeitet:
Im Ausnahmefall, dann nämlich, wenn ein Originaltestament nicht mehr aufgefunden werden kann und gleichzeitig bewiesen werden kann, dass das handschriftliche Testament vom Erblasser auch selbst verfasst worden ist, reicht für die Erbenfeststellung auch eine bloße Testamentskopie.
Weiter führte das Gericht aus: Allein der Umstand, dass bislang nur eine Kopie, nicht aber die Originalurkunde aufgetaucht sei, spreche noch nicht dafür, dass der Erblasser dieses Testament bewusst durch Vernichtung widerrufen wollte. Immerhin sei ja auch möglich, dass das Testament im Original nur verloren gegangen ist und der Erblasser an seinem letzten Willen eigentlich festhalten wollte.
Im vom OLG zu entscheidenden Fall konnte eine Zeugin glaubwürdig schildern, dass sie den Erblasser im Krankenhaus besucht hatte, der dort, auf dem Krankenbett sitzend, auf einem Papierblock sein Testament schrieb. Der Testierende bat daraufhin die Zeugin selbst, eine Kopie seines Testaments anzufertigen, und gab ihr das Original hierzu mit. Nach Rückkehr aus dem Krankenhaus reichte die Zeugin dem Erblasser absprachegemäß das Originaltestament zurück. Die Ablichtung bewahrte sie jahrelang in einem Kochbuch auf. Weil sie zunächst davon ausgegangen war, dass nur Originaltestamente nach dem Tod beim Nachlassgericht abzuliefern wären und es auf Kopien gar nicht ankäme, legte sie erst zehn Jahre nach dem Tod des Testierenden ihre Kopie dem Nachlassgericht vor.
Das OLG Naumburg griff zunächst auf frühere Rechtsprechung des OLG Düsseldorf zurück, in dem bereits im Jahr 1994 klargestellt worden war, dass das bloße Nichtauffinden des Originaltestaments weder eine tatsächliche Vermutung noch einen Erfahrungssatz begründe, dass das Testament vom Erblasser vernichtet wurde. Weil im vorliegenden Fall eine glaubhafte Zeugin von den konkreten Umständen der Testamentserrichtung berichten konnte, reichte dem OLG ausnahmsweise nur die Vorlage einer Kopie, um die Erben so feststellen zu können, wie sie auf der Testamentskopie vom Erblasser festgelegt worden waren.
Jeder ist gesetzlich verpflichtet, aufgefundene Testamente nach dem Tod des Erblassers beim Nachlassgericht abzuliefern. Dabei müssen alle Schriftstücke dem Nachlassgericht vorgelegt werden, die als Testament verstanden werden könnten; keinesfalls nur das vom Datum jüngste! Allein dem Nachlassgericht kommt die Kompetenz zu, zu entscheiden, welches Testament bei mehreren das maßgebliche sein soll.
Vor dem Hintergrund dieser aktuellen Entscheidung sollten nicht nur Originaltestamente beim Nachlassgericht abgeliefert werden, sondern auch alle aufgefundene Kopien von Testamenten!
Testamentsergänzung: Späterer Zusatz unterhalb der Unterschrift muss erneut unterschrieben werden!
Häufig kommt es vor, dass handschriftliche Testamente Jahre nach der Errichtung noch einmal durchgesehen und Änderungen eingetragen werden. Grundsätzlich sind solche Änderungen jederzeit möglich. Allerdings muss bei solchen später angebrachten Zusätzen dringend beachtet werden, dass nach dem Erbfall nachvollzogen werden kann, dass diese Änderungen auch wirklich vom Testierenden stammen und ebenfalls formgültig zu Papier gebracht sind. Das bedeutet, dass am besten jede Änderung unter Angabe des Datums erneut zu unterschreiben ist.
Eine solche erneute Unterschrift ist insbesondere dann zwingend, wenn Änderungen oder Zusätze räumlich unterhalb der früher einmal vollzogenen Unterschrift eingetragen werden (OLG München, Entsch. v. 13.09.2011, Az. 31 Wx 298/11).
Diese rechtliche Notwendigkeit ergibt sich bereits aus § 2247 BGB, wonach der Erblasser ein Testament durch eine eigenhändig geschriebene und unterschriebene Erklärung errichten kann. Die Handschrift sowie Unterschrift dienen zum einen dazu, die Authentizität des Testators zu dokumentieren, zum anderen kommt der Unterschrift sog. „Abschlussfunktion“ zu: D.h. wer unterschreibt macht deutlich, dass alles, was er regeln wollte oberhalb steht. Die Unterschrift schließt also ein Dokument ab.
Werden also in einem handschriftlichen Testament räumlich unterhalb der früheren Unterschrift Zusätze eingetragen, müssen diese erneut unterschrieben werden, weil sie von der früheren Unterschrift nicht miterfasst sind!