Rechtsanwalt Dr. Achim Nolte

Dr. Achim Nolte

  • Rechtsanwalt
  • Fachanwalt für Erbrecht
  • zert. Testaments-
    vollstrecker (AGT)
  • zert. Mediator

Nicht selten findet sich in Testamenten der Begriff des „Barvermögens“. Ist damit nur das zum Todeszeitpunkt tatsächlich vorhandene Bargeld (Kleingeld und Scheine) gemeint oder gar sämtliches Kapitalvermögen?

Das OLG Oldenburg hat in einer aktuellen Entscheidung (Urteil vom 20.12.2023, 3 U 8/23) eine hilfreiche Definition geliefert.

In einem sogar notariell beurkundeten Testament hatte der Erblasser bestimmt, dass seine Erben ein Vermächtnis zu erfüllen hätten. Wörtlich hieß es in dem Testament: „Das bei Eintritt des Erbfalls vorhandene Barvermögen soll zu 1/3 Anteil an meine Tochter …, geb. am … , ausgezahlt werden.“ Nach Eintritt des Todes vertrat die Tochter die Ansicht, dass unter den Begriff „Barvermögen“ sämtliche liquiden Mittel, insbesondere sämtliche Guthaben bei Kreditinstituten, Wertpapiere und Bargeld im engeren Sinne (Scheine und Münzen) verstanden werden müssten. Die Erben hingegen waren der Ansicht, dass der Begriff „Barvermögen“ doch eindeutig sei und lediglich tatsächlich vorhandene Scheine und Münzen meinen würde. Das erstinstanzliche Landgericht gab zunächst der Tochter mit einer „weiten Auslegung“ recht und verstand „Barvermögen“ als Synonym für den gesamten

liquiden Nachlass. Dagegen gingen die Erben vor. Die Zeugenvernehmung des beurkundenden Notars vor dem OLG erbrachte keine konkreten Anhaltspunkte, was der Erblasser unter „Bargeld“ verstanden haben wollte. Daher urteilte das OLG:

Der Begriff des Barvermögens umfasst heutzutage das gesamte Geld, das sofort, also auch über eine Kartenzahlung, verfügbar ist. Wertpapiere fallen nicht unter den Begriff des Barvermögens. Vielmehr werden Wertpapiere durch den erweiternden Begriff des Kapitalvermögens mit abgedeckt, der das Barvermögen einschließlich weiterer Kapitalwerte in Geld beschreibt.“

Die Entscheidung zeigt, wie wichtig es ist, beim Abfassen von Testamenten sehr sorgfältig zu formulieren. Selbst notariell errichtete Testamente sind nicht immer perfekt… Daher lohnt sich in jedem Fall das „Vieraugenprinzip“, also Beratung durch einen Fachanwalt für Erbrecht und dann ggf. notarielle Beurkundung.