Seit Jahren sind wir mit Verfahren befasst, in denen es um die Frage geht, welche Äußerungen über andere Personen oder Unternehmen im Internet, in Foren, in Printmedien oder auch bei Bewertungsportalen erlaubt sind.
In einem besonderen Bereich des Äußerungsrechts, der sog. Verdachtsberichterstattung, hat der Bundesgerichtshof in mehreren Urteilen (BGH, Urt. vom 22.02.2022, Az. VI ZR 1175/20, und Urt. vom 16.11.2021 – Az. VI ZR 1241/20) Kriterien aufgestellt, in welchen Fällen über den Verdacht von Straftaten berichtet werden darf.
Die einen Beschuldigten identifizierenden Berichterstattung über ein laufendes Strafverfahren beeinträchtigt zwangsläufig dessen Recht auf Schutz seiner Persönlichkeit und seines guten Rufs, weil sie sein mögliches Fehlverhalten öffentlich bekannt macht und seine Person in der Öffentlichkeit negativ darstellt.
Ob ein solcher Eingriff in das Persönlichkeitsrecht rechtswidrig ist, muss anhand einer Abwägung des Rechts auf Schutz der Persönlichkeit und des guten Rufs des möglichen Täters einerseits mit dem in Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 EMRK verankerten Recht auf Meinungs- und Medienfreiheit andererseits entschieden werden.
- Für eine identifizierende Verdachtsberichterstattung ist ein Mindestbestand an Beweistatsachen, die für den Wahrheitsgehalt der Information sprechen, erforderlich.
- Die Darstellung darf keine Vorverurteilung des Betroffenen enthalten; sie darf also nicht durch eine präjudizierende Darstellung den unzutreffenden Eindruck erwecken, der Betroffene sei der ihm vorgeworfenen Handlung bereits überführt.
- Vor Veröffentlichung ist dem Betroffenen Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.
- Schließlich muss es sich um einen Vorgang von gravierendem Gewicht handeln, dessen Mitteilung durch ein Informationsbedürfnis der Allgemeinheit gerechtfertigt ist.
Bevor Sie also über strafbare Handlungen einer Person berichten oder hierüber im Internet etwas posten, sollten Sie die rechtlichen Voraussetzungen prüfen (lassen).